.... In Season: Gooseberry .. IN SEASON: Stachelbeere ....

Um ehrlich zu sein – es gibt nur wenig, das ich mit Stachelbeeren verbinde. Wäre da nicht die Stachelbeer-Baiser-Torte meiner Oma, würde ich an dieser Stelle womöglich fragen, seit wann Kakteen eigentlich essbar sind. (Obwohl die Beeren ehrlicherweise gar keine Stacheln, sondern eher ein Fläumchen besitzen…fast wie der 13-jährige pubertierende Nachbarsjunge mit der beknackten Justin Bieber-Frisur.) Kurz gesagt: Meine Berührungspunkte mit diesem Gewächs sind so umfangreich wie der Informationsgehalt der Deutschen Bahn bei Zugausfällen.

.... BRUNCH IN HAMBURG’S GRETCHENS VILLA .. Hamburg bruncht in Gretchens Villa ....

Lautes Knurren murrt mir aus Magen-Richtung entgegen. Ich hab Schmacht. Es ist halb Zehn am Morgen und schon jetzt könnte ich einen halben Acker verspeisen. Patrick blickt mich aus leidigen Augen an – ihm geht’s genauso. Zum Glück wartet ein Brunch-Tasting auf uns, praise the lord. Wahrscheinlich waren wir selten schneller auf unseren Rädern und auf Hamburgs Straßen

Etwas resigniert schließen wir sie wenig später in der Marktstraße ab. Kleine Wassertropfen perlen von unseren Kapuzen, die Hosenbeine fühlen sich unangenehm klamm an und aus einem monoton grauen Himmel weht unablässig feiner Sprühregen. Frühling sieht anders aus.

.... World Cup Recipes: BORSCHT-GRANITÉ .. WM-Rezepte: Bortschtsch-Granité ....

Auf das Risiko im Anschluss geteert und gefedert zu werden (ich liebe die Gefahr) – die WM muss ohne mich auskommen. Ich habe mich zum Boykott entschlossen und wisst Ihr was? Ich find’s geil. Leere U-Bahnen, Straßen wie amerikanische Highways, ein Supporter der FIFA weniger (das gibt Karma-Points) und während sich der Rest des Landes in verstopften Kneipen und überfüllten Public-Viewing-Brutstätten passiv-aggressivem Wut-Bürger-Fantum hingibt und für einen Monat bierbeschwipste Wanna-Be-Solidarität unter dem beknackten Hashtag #zsmmn an den Spieltag legt, genieße ich das Gefühl heftig krasser Outsider zu sein. Immer gegen den Strom, f*ck the system und so.


Eins muss ich dem Happening lassen – clash of cultures funktioniert selten so gut. Wo sonst liegen sich Spanier und Portugiesen weinend in den Armen, Japaner schunkeln mit Mexikanern auf den Tischen und Island Rúrik Gíslason finden sowieso alle super. Da passt unser WM-Rezept wie Arsch auf Eimer: Bortschtsch-Granité, ein russischer Klassiker auf sizilianisch, da fällt’s nicht mal auf, dass Italien gar nicht mitspielen darf. Ein dolles Ding. Oder um es mit Andreas Möllers Worten zu sagen: “Mailand oder Madrid – hauptsache Italien.”


Und damit Приятного аппетита! (Guten Appetit auf Russisch, bei whats-cooking lernt man für’s Leben.)


.... WORLD CUP RECIPES: BLINIS WITH CREME FRAICHE AND CAVIAR .. WM-Rezepte: Blinis mit Creme Fraiche und Kaviar ....

Ich hab vor einer Weile mein Herz an Russland verloren.

Und es lag teilweise an diesem Gericht.


Es war Winter, tiefster Winter, also nicht so ein milder Winter wie wir das in Deutschland kennen. Es war ein richtiger Winter, ein russischer. So mit Pelzhut, Pelzmantel, geplatzte Frontscheiben und -27°.
Und ich war in Sibirien und wollte zelten gehen.

Kein Scheiß.

Ich weiß, ich hab manchmal die sonderbarsten Ideen.


Und tatsächlich ich habe es durchgezogen. So mit allem was dazu gehört: steife Finger, schlaflose Nächte, Vodka, viel Vodka, Schneegestöber und Eisbewegungsgeräusche die nachts so häufig und so laut waren, dass dagegen ein 2für1 Abend beim Ballermann mitte im August das Claire de Lune Konzert  von Chopin war.


Aber das ist nicht der Punkt dieser Geschichte, der Punkt dieser Geschichte ist der Moment als ich vom Trek zurück kam, die Türschwelle von Galinas B&B in Irkutsk betrat und mir, neben der wohligen Wärme (31°, Russen kennen wohl keine Heizkostenabrechnung), der wunderbare Duft von Blinis in die Nase stieg. Die erste Mahlzeit über den Gefrierpunkt nach 5 Tage gefrorene Datteln lutschen.


Galina hatte Dekor Teller an der Wand, 3 bis 4 Häkeldeckchen auf jede Oberfläche ihrer Küche und einen nie endenden Berg von Blinis auf ihrem Tisch, der sich wie durch Zauber immer wieder auffüllte.


Ich war in Babuschka Wonderland: Tausend eingelegte Früchte aus den letzten Sommer, Marmeladen so süß dass sie kristallene Krüste bekommen hatten wie eine Creme Brulee, Schüssel voll mit Smetana, der russische Schmand, cremigerer und gehaltvoller als sein schmächtiger deutscher Cousin und Kaviar, Kaviar in ungesunden Mengen.


Der Rest ist Geschichte: Ich für immer in Blinis verliebt wie Sean Connery in From Russia with Love. Nur dieses mal mit Happy End, wie man unten weiterlesen kann.


.... World Cup Recipes: Russian Cabbage Sushi .. WM-Rezepte: Russisches Weißkohl-Sushi ....

Ganz ehrlich: Ich bin, im Gegensatz zu den meisten Menschen, die ich kenne, nicht sooo fußballaffin. Soll heißen: Ich habe mit dem Ding normal nix am Hut. Das Ganze dauert mir viel zu lange und macht mich nervös. Ausnahme: WM. Dann geht's hier rund. Balkontür weit auf, Bildschirm drinnen, wir sitzen draußen. Gemütlich, in Schlunzklamotten. Zu essen und zu trinken gibts natürlich auch und natürlich jede Menge davon. Wie bei den Nachbarn von nebenan und gegenüber. Unser Innenhof ist ziemlich groß, die Häuser auch, also gibt es viele Nachbarn. Für wen sie sind, hört man eigentlich am Geschrei. Ziemlich ulkig wird es, wenn mehrere Spiele zur selben Zeit stattfinden. Dann gibt es Ländersalat. Apropos Salat: Klar gibt es Chips und Nüsse und Ähnliches aus Tüten, aber immer auch was richtig Leckeres, Selbst-Zubereitetes. So wie die Sushi – Kohl und Rote Bete sind ja ziemlich russisch. Sollte es am 17. Juni (Deutschland–Mexiko) doch regnen, sitzen wir trotzdem draußen, unterm Sonnenschirm. 

.... Portuguese Wineries – Visiting Quinta do Mouro .. Weingüter in Portugal – Zu Gast bei Quinta do Mouro ....

Dass wir, also Patrick und ich, für ein Foto mal einen Strommast raufklettern würden, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Bis wir die Quinta do Mouro im Norden des Alentejo besuchen. Das Weingut liegt nahe der Stadt Estremoz oder besser: Es fügt sich in die Landschaft. Das wird besonders deutlich, wenn man den Blick von oben hat. Das »maurische Landgut« gehört Miguel Viegas Louro – gelernter Zahnarzt, Winzer und entschiedener Exzentriker. Davon später mehr. 

.... In Season: Elderflower yogurt ice cream .. IN SEASON: Holunder Joghurt Eis....

Die Membranen meiner Trommelfelle vibrieren besorgniserregend, als ein Schwall schrillen Gelächters donnernd über die Bolen der Terasse bricht. Zermürbt blicke ich über den Rand meiner Hipster-Brause zum Nebentisch. Herausgeschält aus dem schnöden Alltag, zurechtgemörtelt und mit Lametta Schmuck behangen, rudeln acht Frauen an zusammengeschobenen Tischen und quietschen über die geleerten Sekt-Gläser hinweg. Ich denke an den Marktschreier, der mir polternd mit einer Yucca-Palme vorm Gesicht gewedelt hat – “DU WILLST ES DOCH AUCH!!” – während ich Spucketropfen auswich und mich fühlte wie bei Space Invaders. Das hier ist schlimmer. Leise seufze ich in meiner Strandliege und staune über die Leistungen menschlicher Kommunikation: Längst haben die Damen die Grenzen von Worten, Satzstellung und Grammatik überwunden und sind an einen Punkt gelangt, an dem Konversation allein durch Laute mit der Ästhetik einer Flex und der Lautstärke eines Urknalls möglich wird.

.... Hamburg is brunching in the Alpenkantine .. Hamburg bruncht in der Alpenkantine ....

Morgenstund’ hat Gold im Mund. Ich bevorzuge Croissants. Manch einer weiß in den frühen Stunden ja nicht, wo hinten und vorne ist, ich bin absoluter Morgenmensch. Morgenmuffelei? Find ich doof. Warum ‘ne Schnute ziehen? Der Tag fängt gerade erst an! Viel besser noch: Es gibt Frühstück! Was schlägt schon ein frech-frisches Müsli, heißen Kaffee oder den Duft von buttrig-dampfendem Toast nach dem Dornröschenschlaf?

Hamburgs Best Coffee Shops – Hermetic Coffee Roasters

More Hermetic , less Political
Es ist kalt, windig und grau – ein typischer Tag in Hamburg also. Ich bin in der Sternstraße
mit Chiara verabredet. Ich wollte ihr doch noch einen Kaffeehotspot zeigen. Allerdings warte
ich schon seit 20 Minuten als mein Handy klingelt. „Wo ist das jetzt?“, fragt Chiara hörbar
irritiert. Ich habe Chiara in eine kleine Seitenstraße in der Schanze gelotst, wo mein
derzeitiger Lieblingsladen ist. Man muss das Ziel schon kennen um den kleinen Laden zu
finden, aber ich verspreche euch es lohnt sich! Ursprünglich war das „Less Political“ ein
Kunstprojekt. Eine Mischung aus Galerie und Café war das Ziel. Doch der Kaffee kam so gut
an, dass der Fokus bald mehr auf die Verbreitung von gutem Kaffee gelegt wurde –zum
Glück! Ihr kennt mich ja nun schon eine Wenig, deshalb könnt ihr euch vermutlich schon
denken, dass auch hier Specialty Coffee ausgeschenkt wird. Was soll ich euch noch zu
Specialty Coffee erzählen – viel beigebracht über Kaffee ich euch schon habe junge
Padawane.

.... The Crew loves the food, Leonie and Patrick .. Crew loves food - Leonie und Patrick ....

Verschlafen drücke ich auf Snooze und drehe mich noch einmal um mit dem Wissen, dass mich der nächste Wecker in spätestens 20 Minuten noch einmal wachklingeln wird. Und wenn der es nicht schafft, weiß ich, dass zumindest Leonie mich aufwecken kann. Sozusagen mein Backup-Wecker.

Heute ist es ohnehin nicht so wichtig aus den Puschen zu kommen, denn ich kann sie gleich anbehalten. Antine kommt mit ihrem Freund Ilja vorbei und wir fotografieren Leonies und mein Lieblingsrezept.

.... In Season: Onions .. In Season: Zwiebeln ....

Was fällt euch als erstes dabei ein?

Ja, richtig. Dass sie wegen der tränenden Augen keiner schneiden möchte. Der Himmel ist blau, das Wasser ist nass, Marvel ist besser als DC und beim Zwiebeln schneiden gibt es halt Tränen. Facts of life.

 

Aber warum weinen wir beim Zwiebeln schneiden?

Wir weinen, weil beim Schnitt mit dem Messer durch die Zellstruktur, diese verletzt wird, sodass sich das Isoalliin der äußeren Zellschicht mit dem Enzym Alliinase aus dem inneren der Zelle vermischt. Hierbei entsteht ein Reizstoff, welcher unser Körper durch Tränen zu schwämmen versucht.

Wir heulen. Rotz und geschwollene Augen inklusive, das volle, glorreiche Programm.

.... Luicella's Eis-Mix: Carrot-Walnut-Cinnamon .. Luicella's Eis-Mix: Karotte-Walnuss-Zimt ....

Unruhig wälze ich mich quer über die Matratze. Etwas stimmt nicht. Verwirrt drehe ich den Kopf aus einem Arsenal Kissen, Plüschdecken und Stoffaffen, kneife die Augen zusammen – es ist hell, verdammt hell – und stehe geschlagene fünf Minuten vor der Balkontür, bis der Groschen mit einem lauten “Klong” fällt, der von der Untermieterin mit klopfendem Besenstiel beantwortet wird.

 

Was sich zwischen den Federn angefühlt hat wie ein Baustrahler, ist leuchtenster Sonnenschein. Ja, ist denn schon Weihnachten? Zum Glück nicht. Schluss mit grauen Tagen und langen Gesichtern. Hier strahlt purste Frühlingssonne.

 

Ich glaub, ich werd’ nicht mehr.   

 

Ich kann förmlich fühlen, wie die Endorphine in mir blubbern. Durch die Straßen bummeln, Radfahren, einen Halb-Marathon laufen, den Mann für’s Leben finden und den Hasen beim Rammeln zusehen. Alles ist möglich. Das Leben ist schön und darum esse ich jetzt Eis. Zum Frühstück. Because – why not. Mit Luicella’s Eis-Mix schmiert sich das ohnehin schneller als jede Stulle und selbst Mutti könnte nicht meckern – sind ja schließlich Karotten drin.